Entscheidungsfallen

Roman Tschäppeler,
Entscheidungsexperte und Co-Founder Agree
«Kognitive Verzerrungen sind systematisch auftretende Denk- und Wahrnehmungsfehler, die unser Verhalten und unsere Entscheidungen beeinflussen. Hier findest du 22 zentrale Denkfehler, über die du dir vor großen Team-Entscheidungen Gedanken machen solltest.»

Wenn wir wahrnehmen, nachdenken und urteilen, bestimmen unbewusste Vorannahmen unsere Urteile.

Wenn wir schnell agieren müssen, helfen uns solch radikale Heuristiken, Komplexität zu reduzieren, um zu einer schnellen und vielleicht auch richtigen Entscheidung zu gelangen.

Andererseits sind wir kognitiven Verzerrungen hilflos ausgeliefert:
Wir treten auch dann in diese Denkfallen, wenn wir eigentlich genügend Zeit und Informationen haben. So entstehen Fehlentscheidungen.

Mit der Entdeckung dieser irrationalen Verhaltensmuster und Denkfehler in den letzten Jahrzehnten wurde der Glaube an das Wesen des homo oeconomicus in Frage gestellt: Wir sind offenbar nicht nutzenmaximierende Wesen, sondern statistische Analphabeten und manchmal auch ziemlich denkfaul.

Die Forschung rund um diese cognitive biases ist längstens nicht abgeschlossen. Es ist umstritten, wie sehr man Denkfehler überhaupt verhindern kann. Was aber sicher ist: Schnelldenkschüsse beeinflussen unsere Entscheidungen, und somit auch unsere Kollektiventscheidungen.

#1 Confirmation Bias

Wir ignorieren Informationen, die unseren eigenen Überzeugungen widersprechen.

Bringen deine Mitenscheider*innen in einer Verhandlung Argumente vor, die deinen eigenen Überzeugungen zuwider laufen, solltest du innehalten. Du suchst in ihren Argumenten vor allem Bestätigung. Dass wir «für alle Argumente offen» sind, stimmt nur bedingt.

Mit Agree kannst du ohne Aufwand Informationen und Meinungen von anderen einholen. Probier es aus!

#2 Projection Bias

Wir glauben, dass die eigenen Vorlieben und Entscheidungen künftig die gleichen bleiben werden.

Wir unterstellen uns selbst wenig Veränderungskapazität und entscheiden aufgrund unserer heutigen Präferenzen, auch wenn längerfristige Auswirkungen eines Beschlusses zu erwarten sind. Entscheidungsteilnehmende sollten deshalb eine gewisse Skepsis gegenüber den eigenen Grundannahmen haben und diese in einem gemeinsamen Entscheidungsprozess ansprechen.

#3 Loss Aversion Bias

Verluste gewichten wir höher als gleichwertige Gewinne.

Weil wir bereits Zeit, Geld und Energie in eine Idee investiert haben, halten wir an falschen Entscheidungen fest, auch wenn es keinen Sinn mehr ergibt, diese Entscheidung aufrechtzuerhalten.

Eine engagierte Projektgruppe kann diese Emotion noch verstärken. Es sollten deshalb möglichst keine points of no return in Projekte eingebaut werden. Mit anderen Worten: Projekte sollten immer auch gestoppt werden können. Die Dauer der Gültigkeit der Entscheidung kann beim Entscheidungszeitpunkt diskutiert und festgelegt werden. Szenarien für einen Ausstieg und stop-rules gehören schon am Anfang eines Projekts zum Monitoring dazu.

Mit Agree kannst du in der Beschreibung der Entscheidung festlegen, wie lange die Entscheidung gültig ist. Probier es aus!

#4 Authority Bias

Wir sind autoritätsgläubig.

Menschen lassen sich von den Informationen einer autoritären Figur stärker beeinflussen als von Personen mit geringerem sozialen Status, unabhängig vom tatsächlichen Inhalt der Information.

Bist du bei der Teamentscheidung eine Autoritätsperson? Wer unter den Entscheidungsträger:innen hat Expertisen- und Deutungsmacht? Wer ist neu in der Gruppe, wer schon lange dabei? Lasst euch nicht täuschen: Auch wenn ihr flache Hierarchien habt, gibt es informelle Autoritäten.

Dieser Bias kann abgeschwächt werden, indem bei einer verbindlichen oder konsultativen Abstimmung nicht jeder Stimme das gleiche Gewicht beigemessen wird. Zum Beispiel: Die Entscheidung von Seniors zählt einfach, die von Juniors zweifach.

#5 False Casuality

Wir ziehen falsche Schlüsse.

Es gibt eine Korrelation zwischen der Anzahl nistender Störche und den Geburtenraten in ländlichen Gebieten. Aber keine Kausalität! Nicht wegen der Störche gibt es mehr Kinder, sondern weil Störche ländliches Gebiet zum Nisten bevorzugen und Familien sich gerne auf dem Land niederlassen. Erst wenn zwischen zwei Merkmalen ein Zusammenhang aus Ursache und Wirkung besteht, wird der Umstand zur Kausalität. 

Bei kollaborativen Design Thinking Prozessen suchen wir nach Zusammenhängen zwischen dem, was sich Menschen wünschen und dem, was wir denken, was sie sich wünschen. Überprüft, ob eure Annahmen kausal sind – oder nur korrelieren.

Mit Agree kannst du ohne Aufwand andere in Entscheidungen miteinbeziehen und sie prüfen lassen, ob Annahmen in deinem Vorschlag kausal oder korrelierend sind. Probier es aus!

#6 Action Bias

Wir neigen dazu, aktiv handeln zu wollen, auch wenn das Handeln sich als nutzlos oder sogar schädlich herausstellen könnte.

Wir entscheiden uns also für Dinge, um handeln zu können, auch wenn es besser wäre, keine Entscheidung zu treffen. 
Am anderen Ende des Action Bias steht: «paralysis through analysis». – Wir tun überhaupt nichts mehr, weil es immer noch mehr zu analysieren gibt.

Mit Agree kannst du Deadlines für Entscheidungen setzen. Teilnehmende werden automatisch daran erinnert. Probier es aus!

#7 Self Serving Bias

Wir bevorzugen Entscheidungen, die uns ins richtige Licht rücken.

Wir versuchen, in unseren Entscheidungen unseren Selbstwert zu steigern. Wenn wir erfolgreich sind, übernehmen wir gerne die Verantwortung für den Erfolg. Oder aber wir schützen unseren Selbstwert: Wir lehnen die Verantwortung ab, wenn sich Misserfolg einstellt. 

Wer trägt die Verantwortung bei der Gruppenentscheidung? Who will take the blame, who the fame? Sind alle Entscheidungsteilnehmer:innen mitverantwortlich? Falls ja: Sind alle zu gleichen Teilen mitverantwortlich? Solche Fragen sollen vor der Gruppenentscheidung geklärt werden.

#8 Framing Bias

Wir wählen nicht zwischen Optionen, sondern zwischen den Beschreibungen von Optionen.

‍Der Joghurt hat einen Fettgehalt von 5%. Oder er ist zu 95% fettfrei.Diese Rahmengebung für die eigentlich gleiche Aussage beeinflusst unser Denk- und Entscheidungsverhalten mehr, als uns b ist

Wenn dein Team also eine Präsentation hört, sieht oder liest: Was wird bewertet? Der Inhalt oder der Rahmen, in dem der Inhalt transportiert wird? Wenn du selber eine Entscheidung vorbereitest: Wie neutral und objektiv kannst du die Optionen für die Entscheidung aufbereiten und darstellen? Wie dringlich und wichtig ist die Entscheidung eigentlich? Und wer sagt das?

Mit Agree kannst du Textbeschreibungen und Links zu den Optionen hinzufügen. Probier es aus!

#9 Conformity Bias

Wir tendieren dazu, so zu entscheiden, wie unser Umfeld entscheidet.

Die ausgeprägte Form dieser Verzerrung ist das Gruppendenken: Es gibt nur noch eine Einheitsmeinung. Es besteht die Gefahr der Selbstzensur bei abweichender Meinung.

Ein Lösungsansatz: Die Meinungen der entscheidungstragenden Personen können vorab getrennt und anonym eingeholt werden. Ebenfalls kann die eigentliche Wahl anonymisiert durchgeführt werden.

Mit Agree kannst du anonyme Gruppenentscheidungen treffen. Probier es aus!

#10 Strategic misrepresentation

Wir betonen die Stärken (Benefits) und verschweigen die Schwächen (Kosten).

Wo Pläne geschmiedet werden, fallen oft hohe Kosten an. Wir betonen gerne die Stärken eines Vorhabens, um das Vorhaben in ein gutes Licht zu rücken, durchzubringen und schließlich zu realisieren. Dabei werden wir tendenziell überoptimistisch. Wir färben schön, lassen einige Kostennachteile aus. Was sind die wahren Kosten?

Bei einer Gruppenentscheidung mit Kostenfolge könnte eine Diskussionsfrage lauten: Wie entscheiden wir uns, wenn wir annehmen, dass die Kosten doppelt so hoch werden, als hier berechnet? Wie, wenn sie viermal so hoch werden? Was, wenn der erwartete Gewinn nicht halb so hoch ausfällt? Bezieht solche Fragen von Anfang mit ein und spielt verschiedene Szenarien durch.

#11 Bandwagon Effect

Der Mitläufereffekt sagt, dass wir uns gerne für Optionen entscheiden, die voraussichtlich erfolgreich sein werden.

Wir möchten Personen wählen, die voraussichtlich gewinnen. Wir möchten im Workshop für die Idee einstehen, die voraussichtlich umgesetzt wird. Und wir orientieren uns an Ideen, die andere bereits erfolgreich realisiert haben.

Wenn wir uns also gemeinsam entscheiden, sollten wir möglicherweise offenlegen, ob sich unsere Meinung auf Vorbilder bezieht und falls ja, auf welche?

Mit Agree kannst du einstellen, dass Resultate erst nach dem Erreichen der Deadline angezeigt werden. Somit werden die Teilnehmenden nicht von den anderen beeinflusst. Probier es aus!

#12 Law of Triviality

Wir verbrauchen wesentlich mehr Zeit beim Bearbeiten von Unwichtigem als von Wichtigem.

«Die auf einen Tagesordnungspunkt verwendete Zeit ist umgekehrt proportional zu den jeweiligen Kosten.» Das ist das Parkinsonsche Gesetz der Trivialität. Und wir kennen es aus der letzten Sitzung: Die Nachbesprechung des Workshops zur Digitalisierungsstrategie beanspruchte 30 Minuten der Sitzungszeit, die Evaluierung des neuen Kaffeelieferanten hingegen 90 Minuten.

Um bei Entscheidungsprozessen in der Gruppe dieses Missverhältnis zu verhindern, gibt es folgende Methode: Pro Entscheidung eine Sitzung (oder ein Agree). Wenn schon im Decision Design Wichtiges und Dringendes priorisiert wird, wird in der eigentlichen Besprechung weniger Gelegenheit geboten, in Nebensächlichkeiten abzurutschen.

Mit Agree kannst du Rankings oder Votings erstellen um gemeinsam mit anderen zu priorisieren. Probier es aus!

#13 Pro-innovation Bias

Innovator:innen gehen davon aus, dass alle auf diese eine (ihre!) Innovation gewartet haben.

Die meisten Theorien und Forschungsdesigns gehen davon aus, dass eine Innovation von Konsument:innen als vorteilhaft eingestuft wird, auch dann, wenn sich Konsumenten noch gar nicht mit der Innovation auseinandergesetzt haben. Man hofft(e), dass die ganze Gesellschaft sofort und vorbehaltlos Atomstrom will (1960er), wir alle Papierlos arbeiten werden (1990er) und das halbe Leben bald im Metaverse stattfinden wird (20er).

In vielen Gruppenentscheidungen schwingt die aktuelle mediale Diskussion mit – unsere Entscheide müssen zur Zeit (2022) zum Beispiel «greentech» und «irgendwas mit TikTok und GenZ» sein. Frage an die Entscheidungsgruppe: Müssen die Entscheide wirklich etwas damit zu tun haben? Was ist unsere fear of missing out?

#14 Anchoring Bias/Effect

Wir lassen uns von willkürlichen Informationen beeinflussen.

‍Die erste Zahl oder Information, die wir zu einem gegebenen Thema hören, setzt einen Anker und vergleicht alle kommenden Informationen mit diesem Anker. Es ist egal, ob diese Zahl oder Information überhaupt mit dem Thema zu tun hat! Menschen, die als Anker die Zahl 5 erhalten («Würden Sie 5 Dollar für die Rettung von Seevögeln spenden?»), gaben im Schnitt 20 Dollar. Menschen, die als Anker 400 Dollar erhielten, spendeten im Schnitt 143 Dollar. Diese kognitive Verzerrung kann – wie viele andere auch – manipulativ missbraucht werden.

Wir können uns (in der Gruppe) dem Ankereffekt kaum entziehen, auch wenn wir das glauben. Aber man kann sich über die gesetzten Anker unterhalten und Vermutungen anstellen.

Mit Agree kannst du einstellen, das Optionen zufällig geordnet werden. Probier es aus!

#15 Choice Overload

Je mehr Optionen wir haben, desto größer wird die Angst, nicht die richtige Entscheidung zu treffen

Zu viele Entscheidungsalternativen behindern die Entscheidungsfindung. Zu wenige aber auch. In einem legendären Versuch fanden Sheena Iyengar und Mark Lepper heraus: Zu viele Marmeladensorten am Probiertisch im Supermarkt verwirren, zu wenige vermindern die Attraktivität des Angebots. Bei einer großen Auswahl von 24 Sorten probierten 60 % der Kund:innen zwar mindestens eine Sorte, aber nur 3 % kauften. Bei einer kleineren Auswahl von sechs Sorten probierten nur 40 % der Passant:innen, aber 30 % kauften anschliessend ein Glas Marmelade.

Die Aufbereitung und Darstellung der Optionen sollte klug und sorgfältig gemacht werden. Alle Optionen sollen vergleichbar dargestellt werden. 5 oder 7 Optionen scheinen eine Art Sweet Spot zu sein, 2 sind oft zu wenig, über ein Dutzend zu viel. Allenfalls muss in einem mehrstufigen Prozess die Anzahl Optionen reduziert werden. Im Zweifelsfall: Eliminate your options!

Mit Agree kannst du Rankings oder Votings erstellen und so Teilnehmende aus verschiedenen Optionen auswählen lassen. Probier es aus!

#16 Planungsfehlschluss (planning fallacy)

Wir unterschätzen notorisch die Zeit und andere Ressourcen, die nötig sind, um unsere geplanten Vorhaben zu realisieren.

Wissens- und Innovationsarbeit sind schwer kalkulierbar. Dabei kommt es häufig zum Planungsfehlschluss. Schuld daran ist die subjektive Wahrnehmung von Zeit, die meistens von den tatsächlichen zeitlichen Abläufen abweicht. Dieser Fehlschluss beeinflusst nicht nur das Planen von neuen Aufgaben, sondern auch solche Aufgaben, die bereits ausgeführten gleichen. Wir glauben, aus Erfahrung die benötigten Ressourcen abschätzen zu können.

Um in der Gruppe robuste Entscheidungen treffen zu können, sollte die Ressourcenallokation bei den Optionen möglichst gut budgetiert sein. Die Gruppe kann das erreichen, indem verschiedene Budgetierungsarten eingesetzt werden (Top down und Bottom Up Schätzungen, Annährungsschätzung, Erfahrungsschätzung).

Mit Agree kannst du Optionen eine Beschreibung hinzufügen, beispielsweise um die Kosten oder den nötigen Zeitaufwand zu vermerken. Probier es aus!

#17 Zero Risk Bias

Wir erkennen zwar Risiken, gewichten aber deren Eintrittswahrscheinlichkeit kaum.

Wir schließen eine teurere Reiseversicherung ab, um die Folgeschäden eines eigentlich kleinen Risikos (Gepäckverlustes oder Raubüberfall) zu eliminieren. Lieber eliminieren wir ein 5% Risikio auf 0% als dass wir ein 50% Riskio auf 25% reduzieren. Bei Gruppenentscheidungen müssen wir uns fragen, ob dieser Umstand bei den Optionen zu tragen kommt. Befürworten wir Entscheidungen, die wir risikolos machen können nur aufgrund der Verlockung, keine Überraschungen erleben zu müssen? Falls ja: Ist das für das Entscheidungsziel gewünscht?

#18 Reactive Devaluation

Vorschläge in Verhandlungen, die von Menschen oder Gruppen stammen, die wir nicht mögen, lehnen wir tendenziell ab.

In einer US-Studie 1986 wurde ein Vorschlag zur nuklearen Abrüstung zwischen den USA und der Sowjetunion gemacht. 90% der befragten U.S.- Expert:innen bewerten die Studie als positiv – wenn der Vorschlag angeblich von den USA selbst stammte. Nur noch 44% fanden den Vorschlag gut, wenn er als sowjetischer Vorschlag präsentiert wurde.

Im Team bewerten wir nicht nur den Vorschlag an sich, sondern auch den:die Absender:in. Im Entscheidungsprozess sollte also bei kritischen Verhandlungen explizit und deutlich auf Kompromissbereitschaft hingewiesen werden. Zudem kann radikale Offenheit helfen, den «Feind» weniger als Bedrohung wahrzunehmen, sondern nur als Entscheidungsgegner:in mit anderen Werten und Meinungen.

#19 Mere Exposure Effect

Bekanntheit erzeugt eine positive Einstellung.

Wir mögen Dinge, die wir kennen: Die Verzerrung der schieren Bekanntheit beschreibt den psychologischen Effekt, dass allein die wiederholte Wahrnehmung einer anfangs neutral beurteilten Sache oder Person eine positivere Bewertung zur Folge hat. Wenn sich der Kontakt mit der Sache oder Person mehrfach wiederholt, spricht man auch vom «familiarity principle». Der Effekt kann sich aber auch ins Gegenteil kehren: Ein Popsong ist beim ersten Mal noch nicht so gut wie beim 10. Mal, beim 100. Mal nimmt die Attraktivität ab. Sind wir zu viel einer Sache oder Person ausgesetzt, kann sie oder es an Attraktivität verlieren.

Im Entscheidungsprozess des Teams sollten wir uns fragen: Wem in der Gruppe sind die Wahloptionen bereits bekannt, wem nicht? Und: Sind wir als gesamtes Team von diesem Effekt betroffen? Haben wir solche oder ähnliche Ideen schon mehrmals bewertet?

#20 Goal Gradient Effect

Je näher wir einem Ziel sind, desto eher wollen wir es erreichen.

Wir strengen uns mehr an, je näher wir einem angestrebten Ziel sind. Das kann man bei Laborratten und freilaufenden Menschen beobachten. Wer schon über die Hälfte der Stempel auf der Treuekarte des Kaffeehauses hat, wird schneller die zweite Hälfte füllen als die erste. Kurz vor Erreichen des Spendenzieles intensivieren sich die Spenden beim Crowdfunding.

Wenn wir in der Gruppe Entscheidungen treffen, gibt es zwei Faktoren, die diskutiert werden sollten: Was sind unsere gemeinsamen Ziele? Wie nahe oder weit weg sind wir davon, sie zu erreichen? Inwiefern bringt uns dieses Proposal näher an dieses Ziel? Entscheiden wir uns bei der Auswahl der Optionen bewusst für einen Weg, der uns schneller ans Ziel führt als einer, der vielleicht längerfristig besser wäre?

#21 Gambler Fallacy

Wir schliessen aus Ereignissen der Vergangenheit auf Ereignisse in der Zukunft.

Wir sind miserable Statistiker:innen. Eben haben wir eine Münze viermal hintereinander auf die Kopfseite geworfen. Die Wahrscheinlichkeit, fünfmal hintereinander die gleiche Seite zu werfen, liegt bei 0,5 hoch 5 = 0,03125. Also denken wir, die Chance, auf ein erneutes Mal Kopf sei 1:32 (= 0,03125). Nein. Falsch. Beim nächsten Wurf beträgt die Chance auf Kopf genau 50%.

Bei der Gestaltung der Optionen muss darauf geachtet werden, dass Projektionen, Statistiken und Daten, die als Entscheidungsgrundlage herhalten, gemeinsam verstanden werden. Zudem muss geklärt sein, ob die von einem vergangenen Ereignis auf das vorliegende Ereignis geschlossen werden kann, bei dem eine Entscheidung herbeigeführt werden muss.

Mit Agree kannst du deinen Vorschlägen Informationen und Daten hinzufügen, so dass alle auf dem gleichen Wissensstand sind. Probier es aus!

#22 Distinction Bias

Wir unterscheiden zwei Optionen intensiver, wenn wir sie gleichzeitig evaluieren, als wenn wir sie getrennt bewerten.

Wir wollen ein Fernsehgerät kaufen. Im Laden sind alles gute TV-Sets, mit unterschiedlichen Preisen. Zwei kommen in Frage. Der Qualitätsunterschied ist im Direktvergleich sichtbar, aber nicht riesig. Wir entscheiden uns für den besseren, aber auch teureren Apparat im gleichzeitigen Vergleich (joint evaluation). Wie würden wir aber entscheiden, wenn wir beide nacheinander und unabhängig voneinander evaluiert hätten(single evaluation)? Der kleine Unterschied wäre uns nicht aufgefallen, wir hätten vermutlich den günstigeren gekauft.

In Gruppenprozessen ist dieser noch nicht allzu gut untersuchte Bias von großer Wichtigkeit: Wenn aus zwei Optionen ausgewählt werden soll, kann vorher diskutiert werden, ob man diese im Direktvergleich evaluiert oder nacheinander. Entsprechend fallen die Unterschiede größer oder kleiner aus.